1000 Kilometer am Meer (Teil I)

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Wer am Meer wandern will, weil es da so schön flach ist, sollte sich vorm „South West Coast Path“ hüten. An der englischen Steilküste müht man sich endlos die Klippen hinauf und hinunter, muss häufig mehr als 1000 Höhenmeter am Tag überwinden. Wer die ganze Strecke wandert, besteigt viermal den Mount Everest – ohne je weiter als zwei-, dreihundert Meter über den Meeresspiegel zu kommen. Er durchquert vier Grafschaften, einen Nationalpark und zwei UNSECO Welterbe – Stätten, immer in Sichtweite des Meeres.

Hoch über dem Meer, auf einer grasbewachsenen Klippe, weiden friedliche Schafe. Die Köpfe gesenkt, die Rücken zum Himmel. Keines von ihnen reckt die Beine in die Luft und das scheint ein Glücksfall zu sein. Denn ein handgeschriebener Zettel am Gatter bittet Wanderer höflich: „Sollten Sie ein Schaf auf dem Rücken liegen sehen, rollen Sie es bitte herum.“
Ich betrachte die Tiere, dann wieder den Zettel. In den letzten Tagen habe ich zahllose Weiden überquert. Auf dem Rücken liegende Tiere waren nicht darauf und jetzt bin ich darüber froh. Denn ich habe wirklich keine Ahnung, wie man ein Schaf umdreht.

Anderes habe ich hingegen bereits gelernt. Beispielsweise mich auf dem „South West Coast Path“ zu orientieren. Es ist ganz einfach: „Sea to the right, land to the left“ lautet die Regel, wenn man am offiziellen Startpunkt beginnt, im Seebad Minehead in Somerset. Von dort geht es an der Nordküste von Devon und Cornwall 420 Kilometer immer südwestwärts bis Land´s End, Englands westlichstem Punkt. Und dann 600 Kilometer an der Kanalküste nach Osten, bevor der Pfad in Poole Harbour in Dorset endet.

Alles ist so, wie ich es mir vorgestellt habe, nur ein bisschen schöner. Das Essen ist besser, die Regenschauer kürzer, die Menschen zugänglicher. Nur mit dem endlosen Auf und Ab des Küstenpfades habe ich nicht gerechnet. Jeden Tag frühstücke ich in Höhe des Meeresspiegels und ende abends in einem Fischerdorf. In der Zwischenzeit kraxle ich die Steilküste hinauf und hinunter; rutsche auf Schotterhängen herum, spüre wie endlose Treppen meine Knie strapazieren, bevor ich Bäche und Strände überquere, hinter denen es immer, immer nur aufwärts geht. Das schlaucht. Aber die Landschaft entschädigt.

Denn Tag für Tag, Woche um Woche sieht es aus wie bei Rosamunde Pilcher. Dramatische Klippen, die einsame Buchten umschließen. Steilküsten, an deren Fuß nur bei Ebbe kilometerlange Sandstrände erscheinen. Kommt die Flut, zerfallen sie erst in einzelne Abschnitte, bevor das Wasser sie vollständig schluckt. Häufig gibt es nur einen einzigen Zugang. Einmal sehe ich dort ein Schild: „Bitte versuchen Sie zu vermeiden von der Flut abgeschnitten zu werden.“ Eine typisch britische Warnung, unaufgeregt, höflich, trotz Lebensgefahr.

 

Praktische Informationen:

Der South West Coast Path ist der längste britische National – Trail. Er wird von der „South West Coast Path“ Association“ gemanagt. Diese Organisation gibt ein jährliches Handbuch mit vielen praktischen Informationen heraus. Darin findet der Wanderer Informationen zu den einzelnen Streckenabschnitten, über eventuell vorhandene Busverbindungen, Fährzeiten, Gezeitentabellen und Adressen von Unterkünften.

Reiseveranstalter wie natours in Deutschland oder Celtic Trails in Großbritannien organisieren auch Wanderungen auf einzelnen Abschnitten des Küstenwanderwegs, zum Teil auch mit Gepäcktransport.

Tagesausflügler können auf vielen Abschnitten auf einer einfacheren und kürzeren Inlandsroute zurück kehren – oder sogar mit dem Bus.

Mehr Informationen
http://www.southwestcoastpath.org.uk/
www.hartlandquayhotel.co.uk/
http://www.natours.de
http://www.celtic-trails.com/celtic/england/

 

 

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